OZ 10.10.2013: Theartic wagt dieses Mal viel

EW Theartic | zehn. und jetztEmden – Darauf hat das Publikum schon lange gewartet: Der Emder Kulturverein „Theartic“ bringt demnächst eine neue Produktion auf die Bühne. „zehn. und jetzt“ lautet der leicht irritierende Titel des Stücks, an dem das Theaterensemble von „Theartic“ für Erwachsene schon länger als zwei Jahre arbeitet. Premiere ist am 31. Oktober im Neuen Theater.

Die Aufführungen seien in mehrfacher Hinsicht ein Wagnis, sagt die Autorin und Regisseurin Ulrike Heymann. „Aber eigentlich waren wir schon immer wagemütig“, räumt die engagierte Theater- und Musikpädagogin ein. Dieses Mal müsse das Ensemble aber „mit erschwerten Bedingungen“ zurecht kommen. Das liegt zum einen daran, dass „Theartic“ an einem EU-Projekt für Kulturarbeit mit Behinderten beteiligt ist und dafür parallel zur neuen Inszenierung auch das Erfolgsstück „Die bessere Gesellschaft“ aus dem Jahr 2011 sozusagen warmhalten musste. Diese Produktion führte „Theartic“ vor knapp einem Jahr bei einem Festival in Prag auf. „Wir waren es nicht gewohnt, zweigleisig zu fahren“, so Heymann.

Zudem kämpft die Truppe mit „strukturellen Problemen“, wie es die Regisseurin nennt. Einige Darsteller litten an Erkrankungen, die zum Teil aus den Behinderungen resultierten. Sie seien mit „Theartic“ älter geworden und nicht mehr so belastbar. In einigen Fällen sei es deshalb fraglich, so Heymann, ob die Darsteller auf der Bühne stehen können. Deshalb arbeite man mit Doppelbesetzungen, was auch ein Wagnis sei. „Wir wollen aber niemanden einfach aussortieren“, so die Regisseurin. Das würde den Grundsätzen des Vereins widersprechen. Heymann hofft nur, dass nicht noch jemand unerwartet ausfällt: „Dann hätten wir ein großes Problem.“

Der Titel des neuen Stücks ist angelehnt an das zehnjährige Bestehen, das der Verein in den vergangenen anderthalb Jahren mit vielen Veranstaltungen beging und mit den Aufführungen des neuen Stücks beschließt. Der Weg in die Zukunft lassen die kreativen Köpfe von „Theartic“ offen. Heymann: „Hinter ,zehn. und jetzt’ steht bewusst kein Fragezeichen und auch kein Ausrufungszeichen.“

Der Inhalt des neuen Stücks hat aber nichts mit der Erfolgsgeschichte des Vereins zu tun. Es geht vielmehr um die Fragen, was eigentlich „normal“ ist, wer das bestimmt und was eigentlich passiert, wenn jemand für „nicht normal“ erklärt wird.

Im Mittelpunkt stehen zehn teils schräge und schrille Leute, die alle bestimme Eigenarten und Vorlieben ausleben, ganz in ihren Wünschen und Vorstellungen leben. Ihre Welt ist in Ordnung – bis sie mit dem „Amt für Personen mit besonderen Auffälligkeiten“ konfrontiert werden und aufgefordert sind, ihr Leben so zu ändern, dass es „der Norm“ entspricht. Was sollen die Zehn tun? Sich fügen? Widerstand leisten? Flüchten? Antworten können die Zuschauer im Theater finden.

„Es ist klar, dass in dem Stück jede Menge los sein wird“, sagte die Autorin und Regisseurin. Sie hebt die besondere Ensembleleistung hervor, die dieses Stück ebenfalls zu einem Wagnis mache. Denn alle 22 Schauspieler stehen durchgängig auf der Bühne. „Das ist praktisch Simultantheater“, so Heymann. Neue Herausforderungen stellt die Inszenierung auch in die vier Musiker, die diesmal nicht am Rande bleiben, sondern mitten im Geschehen sind und deshalb auch mitspielen. Gefördert wird die Produktion vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie sowie von der Stiftung Niedersachsen.

„Theartic“ ist ein im Jahr 2002 gegründeter Verein, in dem sich Menschen mit geistigen, körperlichen und/oder psychischen Behinderungen und Erkrankungen sowie Nichtbehinderte gemeinsam künstlerisch betätigen.

Der Verein startete 2003 mit dem Theaterensemble für Erwachsene. Ein Jahr später kam Theartic junior, das Theaterensemble für Kinder und Jugendliche hinzu. Seit 2005 gibt es Theartichor, den Chor für Erwachsene. Alle drei Gruppen haben mittlerweile eine große Fangemeinde. Aus dem Emder Kulturleben ist „Theartic“ heute kaum noch wegzudenken.

Termine und Tickets

► Das Theaterensemble für Erwachsene bringt am 31. Oktober sowie am 1. und 2. November seine neue Produktion „zehn. und jetzt“ auf die Bühne. Die Aufführungen beginnen jeweils um 20 Uhr im Neuen Theater in Emden.

► Karten gibt es ab heute für zehn Euro (ermäßigt fünf Euro) unter anderem im Kulturbüro der Stadt an der Großen Straße. An der Abendkasse kosten die Tickets zwölf Euro (ermäßigt sechs Euro).

► OZ-Artikel vom 10.10.2013 zum Download (PDF): Hier klicken!

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