Handgemacht (EZ, 28.05.2019)

zum Nachlesen:

Von Karl-Heinz Janssen

Emden. Die letzte Nummer im Programm war folgerichtig der Versuch, die Zuschauer zu integrieren. Eifrig raschelte der Saal mit kleinen Müllsäcken im Takt und klatschte mit. Kein Wunder. Denn Rhythmus steckt an und will nimmermehr aufhören, vorausgesetzt, er wird möglichst human, von Menschen für Menschen, in Gang gesetzt, wie das hier der Fall war. Auf Computer-Rhythmen wurde ganz verzichtet, was ja immer bedeutet: Die Musik liefert (notgedrungen) viel mehr Informationen über ihre Erzeugung und ihre Erzeuger, als bei reiner Computer-Rhythmik. Die menschlichen Spielfehler liefern zusätzliche Reize und zwingen zum Hineinhören, statt nur zum Draufhören, wie das bei Computer-Musik meistens, nicht immer, der Fall ist.

Maschinenhaftes klang im Bühnenprogramm von ThearticStomp oft durch, als maßgeblicher Faktor im Arbeitsalltag. Dieser lieferte im weitesten Sinne den thematischen Rahmen für eine Show, die sich als amüsante Einheit von Trommelmusik, Gesang und Moderation präsentierte.

Fünf Chormitglieder gaben vorwiegend witzige Kommentare ab und sangen bekannte Evergreens, wie das gute alte Tea For Tea, Bruttosozialprodukt oder Spliffs Carbonara, begleitet von den Stompern und von Projektleiter Arne Bohnet (Klavier). Dass der Musiklehrer sich intensiv mit dem Thema Stomp-Music beschäftigt hat, war bei den Instrumental-Nummern zu hören. Sehr stilgerecht erlebte man, wie die etwa 20-köpfige Gruppe sich zu immer neuen Arrangements zusammenfand und dabei ein Riesenarsenal von Alltagsgegenständen in Musikinstrumenten umfunktionierte:

Typisches mit viel Liebe zum Detail

Benzinkanister, Ölfässer, Besen, Töpfe, Becher und Tassen, eine Autofelge und sogar Tageszeitungen wurden benutzt. Alle Arrangements hatten einen leicht nachvollziehbaren Aufbau, verlangten den Spielern aber auch schon mal etwas mehr ab, wobei leichte und schwere Parts sich abwechselten, gesteuert durch Zähl-Kommandos von Arne Bohnet. Viele der etwa 100 Zuschauer hätten sofort einsteigen können. Sogar ein schwieriger Reggae wurde geklopft, eine Polonaise und ein Santana-Motiv durften nicht fehlen. Dazu gab es auch Kampf – und Tanzchoreographien. In Fabrikhalle, Büro, Restaurant und auf der Pferderennbahn sah man „Arbeit und Vergnügen” (Show-Titel). Insgesamt glänzte der Auftritt mit Liebe zum Detail und dem typischen Theartic-Humor, wie man ihn aus Stücken von Ulrike Heymann kennt. Die Regisseurin und Autorin trommelte auch selbst mit, steuerte nicht nur Sprechtexte bei. Es zeigte sich: Auch anspruchsvolle Rhythmen lassen sich mit einfachsten Mitteln in Szene setzen, sogar mit Zeitungen kann man Musik machen. Man darf gespannt sein, wie StompTheartic sich weiterentwickeln wird. Der Anfang ist gemacht, Entwicklungsmöglichkeiten gibt es noch viele, etwa im Bereich Lichteffekte.

 

Emder Zeitung vom Dienstag, 28. Mai 2019, Seite 6 (9 Views)

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.