Tanzende Zuggemeinschaft (EZ, 04.03.2017)

Quelle: EZ v. 04.03.2017 | EZ-Redakteur: Jens Tammen

Theartic feierte am Donnerstag mit „Europa.draußen“ Premiere im Neuen Theater

Emden. Gut 400 Besucher wollten am Donnerstagabend sehen, was sich hinter dem roten Vorhang verbarg. Die Kulisse war einfach und doch genial, die Außenansicht eines Zugwaggons prägte die Bühne im neuen Theater. Theartic hatte zur Premiere geladen und konnte sich über den Zuspruch nicht beklagen.

Zum Thema hatte sich das Ensemble unter Federführung von Ulrike Heymann diesmal eine Kombination der drei Begriffspaare Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Flucht und Vertreibung sowie Integration und Abschottung gemacht. Mit dieser aktuellen und brisanten Thematik spiegelten die Darsteller auf beeindruckende Weise rechtsorientierte Bewegungen wider und wie man sich dagegen zur Wehr setzt.

Inhaltlich befand sich eine bunte Reisegemeinschaft auf dem Weg nach Istanbul, ihr Zug blieb jedoch in Rumänien sprichwörtlich mitten im Nirgendwo stecken. Es ging weder vor noch zurück. Die Reisenden aus dem Waggon suchten nach einer Lösung, fanden aber niemanden, der eine Auskunft erteilen konnte. Schließlich wurden zwei Exkursionen zusammengestellt und in die „Wildnis“ geschickt. Doch Hilfe fanden auch sie nicht.

Die Charaktere waren dabei herrlich bunt und teilweise köstlich überspitzt. So gab es den in Studien versunkenen Professor, den nichts aus der Ruhe brachte, samt Mitarbeiter oder einen ängstlichen Herren, der die Reise zum Schwarzen Meer als auflockernde Kur von seiner Familie geschenkt bekam. Ein geschäftstüchtiger „deutscher Staatsbürger“, der nur sich selbst kannte und alles andere verachtete, stellte sich als Deutscher mit polnischem Migrationshintergrund heraus. Doch davon ließ er sich nicht beirren. Gegen Ende hetzte er sprichwörtlich gegen alles andere, stand damit aber allein auf weiter Flur, und die Reisegemeinschaft samt den unterstützenden Einheimischen und sich auf dem Weg befindenden Flüchtlingen stellte sich ihm entgegen.

Ein Abend, der zum Nachdenken anregte

Die Mitglieder des Ensembles wurden zum Teil einzeln vorgestellt. Nahezu in jeder Familiengeschichte ließen sich Spuren von Migration finden. Alle 36 Protagonisten, Darsteller mit und ohne Behinderungen, Deutsche, Geflüchtete und Migranten boten einen Theaterabend, der zum Nachdenken anregte. Das Musiktrio mit Arne Bohnet (Piano, Trommeln), Michael Junker (Klarinette) und Helmut Reuter (Kontrabass) sorgte für die passende Begleitung. Gänsehaut gab es zudem, als Muaffak Alshamaly auf dem Oud spielte und dazu sang. Gegen Ende wurden Bilder von Krieg, Flucht und Hunger eingespielt. Für die großartige Leistung gab es vom Publikum stehende Ovationen und lang anhaltenden Applaus für alle Darsteller.

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