Theater führt hinein in die Wohnungskrise (EZ, 13.03.2024)

 

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Gaby Wolf

EMDEN. (gwo) Okay, das mit der erhofften Premiere im runderneuerten Festspielhaus am Wall wird wegen letzter Verzögerungen bei der Bauabnahme wieder nichts. Aber immerhin bleibt es bei den geplanten Theartic-Terminen. Heißt: Das neue Stück der Emder Theaterwerkstatt für Menschen mit und ohne Behinderung wird vom 11. bis 13 April aufgeführt – nur eben in der Nordseehalle, wie schon beim Junior-Ensemble letztes Jahr. Theartic-Vorsitzende und künstlerische Leiterin Ulrike Heymann wollte das aber nicht weiter kommentieren, sondern sich viel lieber auf das neue Werk konzentrieren. Das nämlich hat es thematisch in sich.

Recherche wuchs mit

„Von welchen, die auszogen, eine Wohnung zu finden“, lautet der Titel. Damit ist schon klar: Es geht um den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Eine sich gerade immer mehr zuspitzende Krise, die Heymann aber schon kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie auf dem Schirm hatte. Seither ist es nicht besser geworden. Und so kam bei ihrer Recherche in Büchern und Zeitungen immer wieder neues Material und „sozialer Sprengstoff“ hinzu.

Umso mehr galt es zu vermeiden, dass daraus eine Vorlesung mit erhobenem Zeigefinger wird. Zwar ist die Sache ernst, denn die Wohnungskrise hat in Deutschland längst die Mittelschicht erreicht. Doch genau das bietet die Chance für einen bunten Perspektivwechsel. „Wir beleuchten das Thema aus der Sicht ganz unterschiedlicher Protagonisten“, bekräftigt Heymann. Obdachlose, Wohnungssuchende, Mieter, Hausbesitzer, Gentrifizierungsopfer, Makler, Immobilienkonzerne, Wohnungsamt, Oberbürgermeister, Fernsehjournalisten, Reiche und Superreiche – sie alle kommen auf die Bühne.

Und das werden sie nach Theartic-Art auf humorvoll-bissige Weise und mit manch überraschender Wendung tun. „Es ist eine Gesellschafts- und Politsatire, eine Komödie und Tragödie zugleich“, sagt Heymann. Stellenweise werde es sogar grotesk und absurd. Damit knüpft es ein bisschen an das Stück „Die bessere Gesellschaft“ von 2011/12 über die Finanzkrise an, mit der Theartic sogar in Europa unterwegs war. „Gleichzeitig bietet es aber auch viel Information, weil viele unterschiedliche Aspekte des Themas enthalten sind“, betont Heymann. Etwa in Form von Nachrichtenblöcken und einer TV-Show.

Emder Bezüge?

Und wie spielen vielleicht auch Emder Verhältnisse mit hinein? „Das Stück spielt in keiner bestimmten Stadt“, erläutert die Autorin, „aber natürlich gibt es Anspielungen.“ Vieles sei übertragbar – auch wenn es zu Beginn der Recherche von offizieller Seite noch hieß, in Emden gebe es keinen Mangel an bezahlbarem Wohnraum. „Inzwischen wird zugegeben, dass 330 Sozialwohnungen fehlen.“ Dazu noch der Fall Ligariusstraße (Abriss und Neubau statt Erhaltung), Schimmel im Neubau, Mängel in vielen Wohnungen…

„Wir wollen mit dem Stück zum Nachdenken und Diskutieren anregen, denn jeder will und muss doch wohnen“, sagt Heymann. Und das unter würdigen Bedingungen. „Und klar, wir wollen auch unterhalten.“ Eine Botschaft, für die die 18 Darsteller zwischen 16 Jahren bis über 60 Jahren sogar bereit sind, am Ostermontag zu proben. „Nicht meine Idee“, versichert Heymann. „Das Ensemble wollte das.“

Die Aufführungen finden am Donnerstag, 11. April, Freitag, 12. April, und Samstag, 13. April, ab 19.30 Uhr in der Nordseehalle statt. Der Vorverkauf beginnt am 25. März. Karten gibt es für 15 Euro (ermäßigt 7,50 Euro) bei der Emder Zeitung und Kulturevents.

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