Integration mit Zylinder und im Ballkleid (OZ 14.08.2015)

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Quelle: OZ vom 14. August 2015 | Redakteurin: Kristina Groeneveld

Emden – Als die Musik einsetzt, beginnen im Kulturhaus Faldern in Emden kleine Damen und Herren zu tanzen. Sie tragen Zylinder, Ballkleider, Schleier und Handtaschen und quietschen vor Vergnügen.

„Die Kinder wollen bei uns ankommen“, sagt Ulrike Heymann, Leiterin des Theaterworkshops für Kinder aus aller Welt. Die Stimme der Vorsitzenden des Vereins Theartic für Behinderte und Nichtbehinderte klingt stolz, aber auch wehmütig. Gestern endete der Workshop. Er war das erste Projekt der Emder Kulturinstitution, das sich gezielt an sechs- bis zwölfjährige Kinder aus Flüchtlings- und Zuwandererfamilien richtete. 19 Kinder aus Emden, Afghanistan, dem Iran, Syrien, dem Kosovo und Polen trafen sich viermal in zwei Wochen, um zu tanzen, Spiele zu spielen, sich zu verkleiden und Geschichten zu erzählen. Die sprachliche Barriere sei dabei viel kleiner gewesen als zuerst gedacht, sagt Theaterpädagoge Claus Gosmann. Körpersprache sei schließlich eine internationale Sprache.

„Wir hatten uns Kennenlernspiele ausgedacht, bei denen jeder seine eigene Sprache sprechen sollte“, berichtet er weiter. Doch daran seien die Kinder nicht interessiert gewesen. „Sie wollten deutsch sprechen. Das war wirklich ein tolles Aha-Erlebnis“, so Gosmann.

Theartic1408_2Doch nicht nur die Kursusleiter, sondern auch die Kinder waren von dem Angebot begeistert. Die neunjährige Salije freute sich darüber, dass sie sich zum ersten Mal verkleiden konnte. Und der siebenjährige Ali, der ab und zu als Afghanisch-Übersetzer diente, „fand alles am besten“ und lachte.

„Mich beeindruckt vor allem die Höflichkeit, Freundlichkeit und Aufmerksamkeit der Kinder“, sagt Heymann. Und das, obwohl sich die meisten Kinder gar nicht oder kaum kannten. „Wir haben darauf geachtet, dass keiner ständig bei den selben Leuten sitzt und haben die Ethnien auseinandergerissen“, erklärt Gosmann. Und dieses Prinzip kam an. Sandra Fuhrmann, die bereits bei Theartic junior mitmacht, bringt es auf den Punkt: „Ulrike und Claus haben dafür gesorgt, dass jeder jeden kennengelernt hat. Das ist einfach klasse.“

In zwei Wochen sind die Kinder, die vor nicht zu langer Zeit aus fremden Ländern kamen, zu Freunden geworden. Die meisten werden sich vermutlich im September wiedersehen – wenn der Förderantrag für die Kinder- und Jugendarbeit von Theartic von der Stadt Emden bewilligt worden ist. „Wir werden dann nach den Sommerferien eine neue Gruppe aufmachen, wenn sich genügend Kinder anmelden“, sagt Ulrike Heymann. Die Chancen dafür stünden gut. Die 19 Kinder aus dem Workshop wollen jedenfalls wiederkommen.

Als der Kursus vorbei ist, geben die Kinder den Erwachsenen zum Abschied die Hand und sagen „auf Wiedersehen“. Soman aus Afghanistan bittet Ulrike Heymann um ein Erinnerungsfoto. Sie nehmen sich in den Arm. Die Theartic-Vorsitzende lächelt und sagt: „Diese Kinder sind bei uns angekommen.“Theartic1408_3

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